Fallberichte
Auf dieser Seite werden Fallberichte der letzten Jahre veröffentlicht. Unser Ziel ist eine Wissensdatenbank aufzubauen, in der unsere Erfahrungen und die Erfahrungen im Verband zusammen getragen werden.
Eingesandt von Andrea Lüthi 2014
Mein Camargue-Islandwallach-Mix Ylur wird in klassischer Reitkunst ausgebildet und normalerweise auf doppelt gebrochener Wassertrense geritten. Nun war ich kürzlich an einer grossen Pferdemesse und liess mich von dem riesigen Angebot verleiten…
Ich kaufte mir bzw. meinem Wallach ein neues Gebiss; Eine einfach gebrochene „Sweet-Iron“ Wassertrense. Die soll wohl mit der Zeit rosten und dem Pferd ein leckeres süsses Gefühl im Maul bieten. Im Nachhinein gesehen sehe ich diese Aussage als völligen Quatsch, denn jeder der schon mal aus Neugier oder Blödsinn an einer Eisenstange geleckt hat, weiss dass das alles andere als süss schmeckt.
Wie auch immer, ich voll begeistert von den Argumenten des Verkäufers sofort nach Hause und Gebiss ausprobieren.
Mein Pferd nahm das Gebiss problemlos an und reagierte sehr fein darauf, doch nach kurzer Zeit begann er sich gegen das Gebiss zu wehren, versuchte sich der Einwirkung zu entziehen. Das ging so weit, dass er das Maul völlig starr machte und einfach überhaupt nicht mehr hören „wollte“.
Ich liess mich nicht beirren. „Der Verkäufer dieser bekannten Trainingsmethode hatte ja vermeintlich gute Argumente gehabt.“: dachte ich mir und machte dann halt mal weiter.
Nach 2 Wochen begann das Pferd beim Aufzäumen das Gebiss zu verweigern. Da wurde ich dann endlich aufmerksam, denn das war nicht normal. Mein Pferd nimmt sein gewohntes Gebiss in der Regel von selber ins Maul.
Daraufhin warf ich das „Sweet-Iron“ in eine Ecke, nahm wieder meine normale, doppelt gebrochene Wassertrense und dachte damit sollte das Problem wohl gelöst sein. Doch da hatte ich falsch gedacht!
Während den 7 Reiteinheiten mit dem Sweet-Iron hatte sich mein Pony im Bereich 2./3. Halswirbel so verspannt durch das unangenehme Gefühl im Maul, dass er sich nun auch auf seinem gewohnten Gebiss nicht mehr reiten ließ.
Ich ließ eine Pferdeosteopathin kommen. Er war im Übergang 2./3. Halswirbel extrem blockiert, sowohl in der knöchernen Struktur als auch in der Intervertebral-Muskulatur. Nach dem beheben dieser Läsionen und weiteren osteopathischen Korrekturen war mein Pferd wieder überall frei beweglich. Er lässt sich nun auch wieder gut ans Gebiss stellen und nimmt es wieder freiwillig ins Maul, hat das Genick wieder als höchsten Punkt beim Reiten und wirkt insgesamt sehr viel lockerer als zuvor.
Mein Fazit ist also: Besser auf sein Pferd hören als auf einen Verkäufer der wohl von Pferden offensichtlich wenig versteht.